History:Der Krieger

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Der Krieger

von ChillaZ


Kapitel 1: Der Überfall

Meine Geschichte beginnt damit, dass die Krieger aus dem Osten in unser Dorf eindrangen und unsere Häuser ausraubten und verbrannten. Jeder der sich in den Weg stellte wurde niedergeschlagen. Diejenigen die fliehen konnten, flüchteten auf den Kapellhügel.

Der Angriff kam so überraschend, dass die meisten nur noch das hatten, was sie am Leibe trugen.

Ich war den Tränen nahe, als ich nun so da saß und beobachtete. Die Frauen, die ihre Jüngsten trösteten. Die älteren Kinder, die sehnsuchtsvoll auf das niedergebrannte Dorf guckten und sich wünschten, dass der heutige Tag nie geschehen sei. Die Ältesten, die seit ihrer Kindheit dort gelebt hatten, es heranwachsen gesehen hatten und nun auch sein Ende sahen.

Ich selbst habe nicht wirklich viel vom Angriff mitbekommen. Ich saß an meinem Lieblingsplatz, unter der Dorflinde. Sie spendete immer Schatten an den heißen Tagen, und meisten gab es an Sommerabenden ein paar der Alten die sehr gerne Geschichten erzählten. Jeder lauschte gerne und gespannt den Abenteuern der Helden, immer war es mucksmäuschenstill. Nun ich saß also dort und hatte gerade meine Augen geschlossen und hatte mir schon einen Traum eingefangen als plötzlich lautes Gebrüll von außerhalb des Dorfes kam. Ich öffnete meine Augen, und Bemerkte wie mehrere große, in schwarz gekleidete Männer, die grimmig und angriffslustig guckten, ins Dorf eindrangen. Ihre pechschwarzen Brustpanzer glänzten in der Sonne. ihre Kettenhemden klirrten. Im gleichen Moment ging der Dorfwall in Flammen auf. Panik brach aus. Die Tore wurden geschlossen.

Ich rannte los, zum Hof meines Vaters, doch ich fand ihn leer auf. Er war verlassen. Ich konnte weder meinen Vater noch meine Schwester finden, deshalb machte ich auf dem Absatz kehrt, und rannte zum Südtor, wo sich bereits ein Trupp gebildet hatte. Ich sah das Nordtor, es war aufgebrochen worden, mit roher Gewalt. Mehrere Häuser brannten schon und in einigen Gassen lagen Leichen. Ich erkannte die Gesichter und dann kamen mir die Tränen.

Endlich zog der Trupp los, in Richtung Kapelle. Ich machte mir Sorgen, da ich weder meinen Vater noch meine Schwester gesehen hatte. Ich wusste nicht, ob sie im Getümmel waren oder sogar schon… ich wollte diesen Gedanken nicht weiterführen. Ich würde die beide schon finden, wenn sich die Aufregung gelegt hatte. Trotzdem machte ich mir weiterhin Sorgen und sogar Vorwürfe, warum ich die beiden nicht gesucht hatte, obwohl ich wusste dass sie in Gefahr sein könnten. ich fing erneut an zu weinen, als ich immer wieder den Gedanken hegte, sie seien tot und ich wäre schuld.

Als wir nun den Berg erreicht hatten, machte ich mich auf Suche nach den beiden, doch die Suche blieb erfolglos. Jeden den ich sah fragte ich, ob er denn meine Schwester oder meinen Vater gesehen habe, doch niemand konnte mir Auskunft geben…


Kapitel 2: Die Rückkehr

Als ich nun so dasaß und immer wieder aufblickte ob ich nicht doch ein Familienmitglied von mir sehen würde, vergaß ich so langsam alles um mich herum. Ich bemerkt die Menschen nicht, die versuchten mir Mut zu machen. Ich bemerkte die Kinder nicht, deren Langeweile die Trauer übermannt hatte. Ich bemerkte die Alten nicht, die dahin starrten, wo ihr Zuhause gewesen war. So langsam wurde aber alles klarer und irgendwann, ich weiß nicht mehr genau wann es war, fiel mir auf, dass es die Dorfbewohner schwer haben würden, in den nächsten Monaten. Wir hatten kein Zuhause, kein Geld, kein Essen, kein Platz zum Schlafen, ja eigentlich… eigentlich hatten wir nichts. Und das war alles.

Ich bemerkte die Person nicht die den Hügel heraufkam, während ich gedankenversunken meine Thesen aufstellte.

„Bruder!“, rief eine mir sehr bekannte Stimme. Ich atmete vor Erleichterung auf. Meine Schwester. Da stand sie nun also vor mir, von guter Statur und zwei Jahre älter als ich. Sie war der Hammer, ja, vielleicht sogar die schönste Frau die ich kannte. Und nicht nur ich war dieser Meinung. Bald würde sie siebzehn werden und eine ganze Menge junger Männer standen jetzt schon Schlange, um um ihre Hand anzuhalten. Nun stand sie da, in einem Kleid, das im Wind flatterte. sie war rußverschmiert, und Asche klebte in ihren Haaren, sie war von oben bis unten beschmutzt. Ihr Gesicht war nicht wie sonst fröhlich und aufgeschlossen, sondern aschfahl und traurig.

„Was ist passiert, wo ist Vater?“ platzte es aus mir heraus. Das war die falsche Frage gewesen. Plötzlich und ohne Vorwarnung fing meine Schwester an zu weinen. Erschrocken über die Reaktion, schloss ich meine Schwester in die Arme und versuchte sie zu beruhigen. Ich bemerkte wie einige Frauen sorgevoll zu mir herübersahen und unentschlossen waren ob sie eingreifen sollten.

Als sie sich endlich beruhigt hatte fing sie an zu erzählen: „Vater und ich, wir waren bei Margarete, um einen Tee mit ihr zu trinken, wir amüsierten uns prächtig, bis zu dem Moment als…als diese Schweine unser Dorf angriffen. Alle gerieten in Panik, Schreie und Gebrüll. Marga, die Angst hatte lief ohne ein Wort davon. Und dann…dann krachte ein Balken, direkt auf mein Bein, ich konnte mich nicht befreien. Vater versuchte mir zu helfen. Eines dieser Schweine kam in den Raum, und meinte zu meinem Vater…“ erneute Tränen liefen ihr übers Gesicht “er sagten zu ihm… was er denn für ein Zuckerschnittchen er sich da geangelt habe haben wollte. Vater verstand sofort was er meinte und … Er wollte mich doch nur schützen… und der Mann… dieses Schwein…er hat ihn einfach…“ sie konnte den Satz nicht beenden, doch ich konnte mir denken was geschehen war. Als sie sich gefasst hatte erzählte sie weiter. „Er hat ihn einfach niedergestochen. Dann hat er den Balken von mir genommen und dann… er warf mich auf den Boden, dann wollte er …“ sie schüttelte den Kopf „zum Glück bemerkte ich das Messer, das Marga zu kräuterschneiden genommen hatten…ich hab es… ich habs genommen und ihm…“ auch diesen Satz konnte sie nicht beenden „Ich habe ihn umgebracht!“ Ehrlich gesagt hatte ich das so direkt nicht erwartet und erschrak ein bisschen.

Als ich bemerkte wie sehr das in meiner Schwester Herzen schmerzte versuchte ich ihr klar zu machen, dass es nicht ihre Schuld war. Auf einmal wurde mir noch etwas bewusst. Wir waren ab sofort Weisen, da unsere Mutter bei meiner Geburt gestorben war. Unsere Mutter hatte für mich das Leben gelassen, unser Vater für meine Schwester. Mich übermannten die Schuldgefühle und nun begann auch ich zu weinen. Wir hatten auf einen Schlag alles verloren. Unser Zuhause unser Geld, unsere Familie. Wir hatten nur noch uns…


Kapitel 3: In Schutt und Asche

Wir konnten es immer noch nicht fassen. Wir waren Waisen. Alleingelassen. Zutiefst verstört, von dem was wir miterlebt hatten. Traurig. Ich verstand die Gefühle meiner Schwester, als wären es meine eigenen. Was sie vor wenigen Stunden miterlebt hatte, was sie getan hatte. Und welche Trauer das in ihr aufbrachte. Ich wusste nicht ob ich überhaupt den Mumm hätte jemanden umzubringen. Noch nicht.

So langsam gingen die ersten Bewohner dahin, wo vor drei Stunden noch ein Dorf gestanden hatte, ein Dorf namens Ceris. Der weg bergab war anstrengen, jedoch von kurzer Strecke, sodass man das Dorf in weniger als fünf Minuten zu erreichen war.

Einer nach dem anderen ging vorsichtig den unbefestigten Weg hinab, den wir gekommen waren. Die Frauen. Die Kinder. Die Jugendlichen. Die Männer. Die Alten allerdings nahmen den Umweg, der zwar von mehr Strecke war, aber wesentlich leichter um den Hügel hinunter zu kommen. Keiner von denen scherte sich um uns, als wären wir unsichtbar, und unsere Trauer nicht spürbar. Zweiteres könnte sogar zutreffen, denn in der Luft lag Trauer. Und nicht nur wir hatten einen wichtigen Menschen verloren, sondern auch viele andere. Männer, die ihr Haus retten wollten. Eltern die ihre Kinder schützen. Alte, deren Herz diesen Schock nicht verkraftete.

Auf einmal stand meine Schwester auf und meinte: „Ich möchte gerne beten“ und ging davon, direkt in die Kapelle. In respektvollen Abstand folgte ich ihr, denn ich merkte, dass sie allein sein wollte. Als ich die Kirche betrat sah ich sie. Sie kniete vor dem Kreuz das vor dem farbenfrohen Kirchenfenster stand. Durch das Fenster fiel das gleißende Licht der Abendsonne.

Langsam schritt ich nach vorne und blieb kurz vor meiner Schwester stehen. Dann legte ich ihr die Hand auf die Schulter und sagte zu ihr: „Wir sollten gehen, es wird dunkel.“ Nur Langsam erhob sie sich von ihrem Platz und kurz, ja fast unerkennbar hatte sie den Ausdruck von … Schmerz in ihrem Gesicht. Sie fasste sich an den Oberschenkel, im Versuch, weiter hoch zu kommen, doch sie knickte ein. Sofort war ich bei ihr, um sie zu stützen. Dann half ich ihr sich aufzurichten. Anscheinend hatte der Balken, der auf ihrem Bein gelegen hatte, den Knochen beschädigt.

Auch den restlichen Weg ins Dorf wich ich nicht von der Seite meiner Schwester. Sie war mir nun so nah wie noch nie zuvor. Diese Nähe machte mich … glücklich, denn trotz unserer Situation hatten wir uns, wir waren eine Familie. Im selben Moment legte sie mir den Kopf auf meine Schulter und ich merkte wie sich ihr Körper entspannte. Ich weiß nicht ob sie in diesen Moment an das gleiche wie ich gedacht hatte, doch diese Reaktion passte wie die Faust aufs Auge. Diese Geste entfachte in mir ein Wechselbad der Gefühle, denn auf einmal hatte ich doch wieder die Vorstellung alleine zu sein.

Als wir das Dorf erreichten war die Sonne bereits fast untergegangen. Im Dorf, oder eher der Fleck wo es mal stand, herrschte zu dieser vorangeschrittenen Stunde noch reges Treiben. Die Aufräumarbeiten hatten bereits begonnen. Frauen kehrten mit notdürftig zusammengeflickten Besen aus Bast Trümmer und Schutt aus dem Weg. Dies waren einmal die Besitztümer der Dorfbewohner gewesen. Männer schmissen die Reste des Holzes die verschont geblieben waren auf einen Haufen. Kinder denen die Angst der Langeweile gewichen war, spielten fröhlich auf einer Wiese. hier und da wurde noch ein Feuer gelöscht. Wie ich mich so umsah merkte ich wie kümmerlich unser Dorf davon gekommen war. Alles lag in Schutt und Asche …